Nun ans Eingemachte!
Nun ans Eingemachte!
24. Mai 2024
Upsi... ist der letzte Eintrag etwa schon sechs Monate her? Man darf es mir bitte nicht verübeln, die Zeit war vollgepackt mit Diesem und Jenem und da bleibt einem doch kein Wort mehr um hier noch was schreiben zu können.
Trotzdem schön, dass du da bist!
Außerdem ist offiziell ein neuer Knackpunkt erreicht – ich befinde mich nun auf der Insel der Pfingstferien, kann kurz durchatmen, mich in der Sonne braten und die vergangenen Monate hier für euch Revue passieren lassen.
Springen wir zurück in eine Zeit, in der es noch geschneit hat. Weihnachten ist vorbei, wir haben uns alle wieder in München eingefunden. Es standen noch einige Schularbeiten an, und ein kleines Referat – das waren erstmal unsere größten Sorgen. Die Lehrkräfte veranstalten im Laufe des Jahres zwei „große“ Schularbeiten, die sich vom Umfang an einem Teil der Meisterprüfung orientieren. Zusammengefasst werden fachtheoretischer Unterricht, Rechnen sowie Gemmologie abgefragt. Das führte nur zu schönen Abenden in Wohnheimen mit Essen und Vino und gegenseitiger Ausfragerei. Wir haben diese Form des Lernens schon sehr früh für uns entdeckt, sehr effektiv – und das obwohl wir so gut abschweifen können.
Die Werkstattzeit nutzen wir alle noch, um unsere Pflichtaufgaben fertig zu machen. Nachdem mir mein Löffel bei drei Versuchen jedes Mal an der Laffe eingerissen ist, ich wirklich geweint habe deswegen, habe auch ich ihn dann fertig gebracht. Er ist wunderschön, ich esse unglaublich gern damit und ich würde es wieder tun, oder die passende Gabel und das Messer machen... mal sehen. All unsere schönen Sachen sollten nämlich präsentiert werden, am Tag der offenen Tür, der Ende Januar stattfand. Aufgabe der Schüler ist es, ausnahmsweise auf einen Samstag, anwesend zu sein, zu arbeiten und Menschen die reinschauen zu informieren, zu erzählen, zu zeigen. Der Tag war ein voller Erfolg, zum Ende des Tages war unsere Werkstatt voll mit Menschen, auch aus den anderen Gewerken der Schule – Austausch, Inspiration, Geselligkeit. Wirklich schön.
Naja und dann findet sich der Übergang in die letztendlich anstrengendste Phase des ganzen Jahres schleichend, wohl damit wir nicht davor wegrennen können, damit wir nicht einknicken.
Die Ausarbeitung der Meisterstückentwürfe.
Die Herangehensweisen waren so unterschiedlich, wie wir Schüler selbst sind. Ich hatte meinen Entwurf für die Armbanduhr schon in den Ferien in CAD weitestgehend ausgearbeitet. Ich befasste mich noch mit Details des Gehäuses, wie Schraubköpfen und Dichtungen, und der Frage wie ich die Form hingebaut bekomme. Dazu die Schließe: wie soll die aufklappen, passt das vom Zeitaufwand... Ich probierte zunächst einzelne Teile der Butterfly - Schließe aus. Unterdessen hatte ich eine Art Riefenanke bei einer Firma die Dienstleistungen mit CNC-Fräsen anbietet in Auftrag gegeben, damit ich damit mein Gehäuse bauen kann. Sobald die angekommen war konnte ich austesten, ob mein selbstgestaltetes, sauteures (800! €, als gewerbliche Kundin) Werkzeug prüfungstauglich war und probierte das Gewindeschneiden aus, damit ich mir auch da sicherer sein konnte.
Ein anderer aus unserer Klasse hatte super viele Ideen und wählte und verfeinerte seinen finalen Entwurf erst recht spät. Wieder ein anderer war schon vor Weihnachten gefühlt fertig mit allem. Manch einer machte Entwurf und Probebau zeitgleich, weil es nicht anders ging. Wieder ein anderer verließ sich fast ausschließlich auf die Zeichnung, arbeitete die aber dafür sehr genau (auch mit CAD) aus und hat auch ein gutes Gespür, auf dem Papier Verbesserungen vornehmen zu können.
Was wir alle immer wieder taten war, uns Rat von den Lehrkräften zu holen!
Es ist erstaunlich wie schnell die die Zeichnungen blicken und Fehler finden. Und wie gut die jeden maßgeschneidert zusammenstauchen können – natürlich mit dem Ziel, dass wir es besser machen. Sie zeigen Probleme auf, mit denen man sich vielleicht nicht unbedingt befassen möchte, fordern Alternativen von einem, alles damit man sich am Ende nicht selbst im Wege steht. Mit ihrem enormen Erfahrungsschatz konnten sie immer Ideen geben und einem weiterhelfen. Man muss nur über seinen Schatten springen und sich dem ganzen stellen. Zeit einfordern, das Angebot annehmen!
Am 20. März mussten wir die Mappe abgeben. Eine voll bemaßte „Werkstattzeichnung“ (Schimpft sich da so, weil die niemals alle DIN-Normen einer technischen Zeichnung einhält – im Prinzip ist es trotzdem eine. Sobald die Prüfungen bestanden sind teile ich meine gesamte Meistermappe etc. auf meiner Webseite, dann seht ihr was ich meine), eine Farbzeichnung, einen Zeitplan und eine Kalkulation müssen enthalten sein, die Gestaltung des Ganzen steht einem frei.
Irgendwann ist bei uns die Einschlafquote während des Unterrichts verdammt hochgeschossen. Die Dosen auf den Tischen zeugten von Hoffnung darauf, Flügel verliehen zu bekommen. Wir wollten nichts vergessen und keine Fehler machen. Wir alle arbeiteten wochenlang bis spät, rafften uns jeden Tag erneut auf um pünktlich zum Unterricht zu erscheinen nur um abends wieder dazusitzen.
Und als wäre all das noch nicht stressig genug, standen noch
zwei Messen
für uns auf dem Plan. Die Inhorgenta Ende Februar und die Handwerksmesse Mitte März. Bei beiden war natürlich gewünscht, dass Schüler den Stand betreuen und da zu fünft die Tage zu besetzen fordert einfach mehr Einsatz von jedem Einzelnen als bei den Jahrgängen zuvor. Und auch wenn der Zeitpunkt kurz vor Mappenabgabe irgendwie unschön gelegt war, wir alle eh schon drüber waren... die Messen sind schon beide sehr eindrucksvoll und es war wirklich schön Teil dessen sein zu dürfen. Wer weiß, ob und wann man je wieder Aussteller sein wird, zu sehen was dazu gehört, wie der Ablauf ist. Wichtig, wichtig – immer gut zu wissen. Man bekommt auch was zurück. Ich durfte zum Beispiel auf der IHM eigene Arbeiten präsentieren. Die Messe ist, anders als die Inhorgenta, voll von potenziellen Endkunden und tatsächlich bin ich nicht nur zahlreiche Visitenkarten losgeworden, sondern konnte auch ein Schmuckstück verkaufen.
Das zieht einen hoch, das glaubt man nicht. Tatsächlich habe ich vor kurzem erst gemerkt, wie sehr mir die Arbeit fehlt. Das Beraten und Entwerfen. Das Anfertigen und Reparieren von Dingen, die bleiben, die den Menschen was bedeuten. Dadurch, dass ich das nun schon Monate nicht kann, merke ich gerade umso doller, warum ich noch gleich hier bin, warum ich all das tue.
Alle unsere Mappen waren zum Stichtag vollständig und kein Entwurf bot der Prüfungskommission Grund zur Nacharbeit aufzufordern.
Und ab dann, Freunde der Sonne, ging alles aalglatt seinen Gang. Man soll ja nicht so viel loben, aber von dieser Warte aus – nämlich rückblickend – wäre Tadel einfach unfair. Weil unsere Quote auch einfach gut ist. Kann man nicht anders sagen. Denn:
Plan, Material und Werkzeug waren am ersten Tag der Anfertigung des Meisterstücks bei jedem da.
Alles sortiert, dreimal durchdacht.
Ehrlich. Es konnte gar nichts schief gehen. Okay. Natürlich ist mal was abgebrochen, man hat mal was zweimal gemacht, es musste mal geschmolzen werden... Natürlich sind Dinge passiert, die nicht vorhersehbar waren. Natürlich standen wir unter Druck. Aber das Gerüst das sich jeder gebaut hat, an dem man sich Tag für Tag entlanghangelt, hat einem Halt gegeben. Wir haben uns gegenseitig mental unterstützt. An Süßigkeiten und Kaffee hat es keinen Tag gemangelt. Man konnte über alles bei einem Bier im Kosmos reden. Ein Bier, eins dreißig!
Die Anfertigung dauert 112 Stunden. Und der Ablauf ist etwas besonders geregelt, denn der theoretische Unterricht am Vormittag läuft parallel dazu weiter. Wir haben am 8. April mit der achtstündigen Situationsaufgabe begonnen. Am 9. April haben wir den ersten Tag am Meisterstück gebaut und am 4. Juni ist der letzte Tag. Der zählt aber nicht, weil das nur ein Tag ist, direkt nach den Ferien. Wir sind alle am 16. Mai schon fertig geworden, jetzt sind halt Ferien und wir nutzen den einen Tag dann noch zum präsentabel machen. Grob gesagt haben wir ca. vier Stunden am Tag gebaut. Mal acht, mal gar nicht.
An welchen Tagen, wann wie lange gebaut wird wissen wir vorher bis auf die Minute genau, keine Panik – das geht!
Und ich muss sagen, dass ich froh bin, dass es so geregelt ist. Man ist gezwungen dazu, man ist gezwungen Pausen zu machen – bedeutet im Umkehrschluss man bekommt jeden Tag die Chance über das bisschen, was man geschafft hat nachzudenken und über das bisschen was kommt auch nachzudenken. Man hat die Chance auch zwischendurch mal Werkzeug nachzubestellen, ohne dass einen Lieferzeiten in Bredouille bringen. Ich brauchte zum Beispiel neue Bohrer, habe in der Zwischenzeit was anderes weitergebaut und als die dann da waren einfach weiter gemacht wo ich stehen geblieben war. Dann brauchte ich direkt am Anfang zwei Millimeter dickes Silberblech, weil das was ich vorher zugeschnitten bestellt hatte einfach dumm gedacht war. Wer rettet einen ultrakurzfristig? - Firma Scheytt. Wird jedem Meisterschüler in München ein Begriff werden.
Sowas. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Nur weil man den Rhythmus, die Arbeitsweise nicht kennt und vorher glaubt, dass einem das zum Verhängnis werden könnte, muss man nicht gleich in Panik verfallen oder sauer werden. Am Ende bleibt einem nichts anderes übrig, als es so durchzuziehen. Und bei fünf von fünf hat es super geklappt. Auch die Übermüdung hat weitestgehend ein Ende gefunden, denn am Nachmittag gab’s nix zu tun, außer bissl Lernen wenn‘s sein musste und die Sonne genießen... im Kosmos auf der Terrasse zum Beispiel.
Halt ein Bier, immer noch eins dreißig so - was soll ich sagen?!
Jetzt kommen die Theorieprüfungen, die Echten. Die wofür man ernsthaft lernen sollte. Das tun wir alle fleißig und beim nächsten Mal kommt womöglich schon der letzte Eintrag.
Da werde ich auf jeden Fall über Geld sprechen.
Ich hau‘ euch die Zahlen hier auf den Tisch. Vielleicht krieg ich sogar die Zahlen von meinen Mitschülern hier rein. Mal sehen.
Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal!